Gefühl vs. Emotion

Unterscheidest du zwischen einem Gefühl und einer Emotion?

Diese beiden Begriffe werden meistens synonym verwendet, doch sie haben einen etwas genaueren Blick verdient.

Es gibt zwar vielfältige Möglichkeiten, die Grenze zwischen einem Gefühl und einer Emotion zu ziehen, doch ich möchte dir gerne eine Unterscheidung vorstellen, die meiner Erfahrung nach nützlich für den Alltag ist:

Gefühle dauern kurz an und haben einen praktischen Nutzen.

Emotionen dauern lang an und haben einen transformierenden Nutzen.

 

Gefühle

Ein Gefühl bezieht sich auf die Gegenwart. Es enthält eine Information zur aktuellen Situation und die nötige Energie, um zu handeln. Wird dann das Gefühl zur Handlung genutzt, verschwindet es restlos.

Angenommen dir fällt ein, dass du deinen Herd angelassen hast. Angst kommt hoch. Diese Angst hilft dir dabei, alles was du gerade tust, stehen und liegen zu lassen und dich in Bewegung zu setzen, um den Herd auszuschalten. 

Die Angst findet in der Handlung ihren vollständigen Ausdruck und ist danach verschwunden.

Gefühle haben also einen sehr praktischen Nutzen und machen dich handlungsfähig.

 

Emotionen

Eine Emotion fühlt sich genauso an wie ein Gefühl, hat aber kaum was mit der Gegenwart zu tun, sondern erinnert dich an ein Gefühl aus der Vergangenheit, das damals nicht vollständig ausgedrückt werden konnte. 

Stell dir vor, du bist in der Grundschule. Du gestehst deinem Schwarm deine Liebe und wirst vor allen anderen eiskalt zurückgewiesen. Traurigkeit und Scham kommen hoch. Aber du willst jetzt nicht auch noch zu heulen anfangen, also unterdrückst du das Gefühl für den Moment. Doch aus dem Moment werden Tage, aus Tagen werden Wochen und aus dem Gefühl wird eine Emotion. Mit der Zeit vergisst du vielleicht das Ereignis oder kannst darüber lachen, aber die Emotion bleibt erhalten und wird in Momenten der Zurückweisung wieder getriggert.

 

Emotionen und Entscheidungen

Wenn eine Emotion entsteht, wird sie von einer (meist unbewussten) Entscheidung begleitet, die dir (oftmals vermeintlich) dabei hilft, dieses Gefühl entweder nie wieder oder immer wieder zu erleben. Als du damals abgewiesen wurdest, hast du vielleicht die Entscheidung getroffen, deine Zuneigung nie wieder zu zeigen. 

Wenn du Jahre später jemanden auf ein Date einladen willst, könntest du feststellen, dass du es „irgendwie“ nicht schaffst. Denn deine alte Entscheidung und die mit ihr verbundene Emotion schützt dich vor einer möglichen Zurückweisung. Doch jetzt, aus der Perspektive eines Erwachsenen, steht sie dir im Weg.

Willst du dich von ihr befreien, musst du dich an deine alte Entscheidung erinnern und bewusst eine neue treffen. Und dabei hilft dir die Emotion. Indem du sie bewusst hochkommen lässt und sie vollständig durchfühlst, kannst du dir deiner alten Entscheidung bewusst werden und erhältst auch die nötige Energie, um eine neue Entscheidung zu treffen (zum Beispiel dass du zu deiner Zuneigung stehst).

Das versteht man unter einem Gefühlsprozess. Das ist das, was ich (Marion) über 20 Jahre lang beruflich gemacht habe. Meiner Meinung nach ist das die effizienteste Methode, eine alte emotionale Entscheidung zu ändern, aber es gibt auch andere Wege: Psychotherapie, Traumatherapie, östliche Befreiungswege, Selbsthilfegruppen etc.

Manchmal hilft auch ganz einfach ein tiefes Gespräch mit sehr guten Freunden. 😉

 

 

 

Autor: Marion Lutz

Editor: David J. Krause

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